Konzern vs. Startup
Seit jeher lernen die Jungen von den Alten. Der Lehrling lernt vom Meister und gibt im Alter sein Wissen an die jüngere Generation weiter. Doch in den letzten Jahren hat sich eine neue Richtung des Wissenstransfers etabliert. Immer mehr alte Unternehmen versuchen sich von dem Spirit junger Unternehmen und deren Gründern inspirieren zu lassen.
Einige Unternehmen gründen für diesen Zweck eigene Abteilungen oder eigene Startups für solch einen Wissenstransfer. Lesen Sie hierzu konkret mehr über die unterschiedlichen Ansätze: Der Unterschied zwischen Digitaleinheiten und digitalen Speedboats.
Durch das Internet, soziale Netzwerke und einen breiten Zugang zu Informationen sind immer öfter junge Unternehmen in den Medien, die oftmals etablierten Unternehmen den Kampf ansagen oder versuchen eine ganze Industrie zu disruptieren. Gleichzeitig kommt häufig die Frage auf, ab wann ein Unternehmen nicht mehr als Startup, sondern als etabliertes Unternehmen gilt. Oft genannt wird ein grober Zeitraum zwischen drei bis sieben Jahren nach Unternehmensgründung. Doch weniger der Zeitraum, sondern viel mehr das Mindset ist ausschlaggebend.
Doch was versteckt sich hinter dem Startup-Mindset? Zusammengefasst:
- Konstantes Lernen und Bereitschaft für neue Themen
- Selbstständige Lösung von neuen Herausforderungen
- Unternehmer im Unternehmen sein
- Agile Führung und agiles Arbeiten
Grundsätzlich ist ein Startup mehr auf Wachstum anstatt auf Profitabilität oder die Einhaltung bestimmter Kennzahlen wichtig.
Unternehmen wie Google (Gründung 1998) oder Facebook (Gründung 2004) sind zwar nach außen innovativ und haben eine gewisse Lernkultur erschaffen, die ebenfalls auf das Startup-Mindset einzahlt. Allerdings sind die internen Strukturen beider Unternehmen seitdem unglaublich gewachsen und interne Hierarchien und Prozesse müssen eingehalten werden.
Konzerne bzw. etablierte Unternehmen zeichnen sich hingegen durch hocheffiziente Prozesse sowie perfektionierte, etablierte Geschäftsmodelle aus. In manchen Unternehmen werden beispielsweise Prozesse mit der Stoppuhr aufgenommen und anschließend auf den Prüfstand gestellt. Solche Methoden wären in einem Startup undenkbar.
Die Annahme, dass es einen gängigen Lebenszyklus vom Startup zum Mittelständler zum Konzern gibt, ist eher in der Theorie, weniger in der Praxis wirklich häufig zu finden. Hintergrund ist einfach, dass über 80 % aller Startups innerhalb der ersten drei Jahre scheitern. Außerdem ist irgendwann der Punkt im Unternehmen erreicht, wo es zu Vorschlägen oder Neuerungen, aufgrund der Größe und Legacy, interne Widerstände gibt.
Man muss Startups als Suchende nach Projekten mit unbekannten und unsicheren Geschäftsmodellen ansehen, die mit steigendem wirtschaftlichen Erfolg ihren eigenen Proof of Concept liefern können oder versagen.
Konzerne hingegen versuchen mit interner Compliance, Revision und Controlling nur alles Erdenkliche für die Sicherung des Status quo und versuchen entsprechende Risiken so gering wie möglich zu halten, wenn möglich ganz und gar auszuschließen.
Zukunftspläne sind detailliert ausgearbeitet und genauestens analysiert und mit Zahlen untermalt. Diese Pläne sind selbstverständlich deutlich besser als vage Businesspläne von Startups, jedoch halten diese immer an bestehenden Geschäftsmodellen fest ohne große Dynamik im Bezug auf neue, disruptive Modelle.
Arbeitsweisen im Konzern vs. Startup
Die Arbeitsweise unterscheidet sich bei beiden Modellen stark. Während im Konzern für jeden Prozess eine Dokumentation und ein bereits erprobter Weg besteht, muss dieser im Startup noch gefunden werden. Für jeden Prozess gibt es auch in der Regel einen Verantwortlichen, der die Arbeit nochmals überprüft. So sollen Fehler möglichst komplett vermieden werden.
„Das ist dein Baby“ ist in einem Startup ein Spruch, den wahrscheinlich jeder mit Startup-Erfahrung bereits gehört hat. Dazu gehört auch Verantwortung zu übernehmen und ggf. Fehler zu machen. Anders als im Konzern werden Fehler eher verziehen, sollten jedoch nicht mehrmals vorkommen.
Auch die Kommunikation und Projektplanung ist eine ganz andere. Im Konzern gibt es Tage, da läuft der Mitarbeiter von Meeting zu Meeting ohne seiner tatsächlichen Arbeit nachzugehen. Bevor ein Projekt startet, muss dies mit den verschiedensten Abteilungen und Leuten besprochen werden, damit es starten kann.
Im Startup hingegen kann sich ein neues Projekt durch ein kurzes Gespräch beim Mittagessen oder über eine kurze Unterhaltung im Büro entstehen und starten.
Im Konzern ist es wichtig für die eigene Karriere gut vernetzt zu sein. Politik und Beziehungen spielen eine wichtige Rolle. Gute Arbeitsergebnisse können aufgrund der Anzahl von Personen, die an Projekten arbeiten nicht immer von außen beurteilt werden. Anders bei einem Startup, in dem in meist kleinen Teams die Arbeit des Einzelnen deutlich mehr Gewichtung hat und somit eine wichtigere Rolle einnimmt als im Konzern.
Fazit
Ob es für Startups wichtig ist von etablierten Unternehmen zu lernen, darüber lässt sich sicherlich streiten. Das Ziel des Startups ist der Angriff auf die etablierten Geschäftsmodelle, von daher ist es nicht wichtig alles Alte aufzusaugen.
Es gilt viel eher einen eigenen Weg für bestimmte Aufgabenstellungen oder Probleme zu finden. Ob der Input hierfür sich von einem Konzern abgeschaut wird oder ganz neue Wege ergründet werden, ist beides denkbar.
Gerade für die etablierten Konzerne sind Investitionen und Kooperationen in/mit Startups wichtig, damit auch neue Ideen und Ansichten zu den manchmal angestaubten Unternehmen durchdringen. Hierbei gilt es vor allem aus Sicht der Führungskräfte den richtigen Weg zu finden und nicht einfach Startup-Strukturen und Arbeitsweisen in die des etablierten Unternehmens zu überführen. Das richtige Change-Management ist hier gefragt.
- Vom 30. Januar 2020