Wenn altbewährt verjährt – Von Hürden & Herausforderungen für die Digitalisierung
Als Solution Account Manager besteht ein wichtiger Teil meiner Arbeit darin mit Menschen zu sprechen, welche die Digitalisierung in ihren Unternehmen vorantreiben wollen. Dies ermöglicht mir einmal die internen Hürden und Herausforderungen vieler Unternehmen zu beleuchten.
Geht es um das Thema Digitalisierung hört man oftmals Aussagen wie: „Das haben wir schon vor 10 Jahren probiert“, „Unsere Kunden bevorzugen den altmodischen Weg“ oder den absoluten Innovationskiller „Das haben wir immer schon so gemacht“. Solche Totschlagargumente sind häufig schnell zur Hand, da man Angst vor zu großen Veränderungen hat (hierzu passend: „Bei uns geht das nicht!“).
Vielleicht werden diese Argumente auch genutzt, damit man sich und sein Unternehmen vor (vermeintlich) unnötigen Projekten schützen möchte, die auf den ersten Blick vielleicht wenig bis gar kein Erfolg versprechen.
Parallel dazu werden häufig Digitalisierungsprojekte auf Prozessebene angeschoben und beispielsweise einfach bestehende analoge Prozesse 1:1 in digitale Prozesse umgewandelt.
Doch, nur weil ein Unternehmen einen Digitalen–Posteingang einführt oder eine Rechnung nicht mehr per Brief sondern per Mail verschickt, verfügt die Belegschaft noch lange nicht über eine digitale DNA (hierzu passend: Ist Digitalisierung eigentlich heilbar?).
Entscheidend ist die Kommunikation mit betroffenen Mitarbeitern. Der Mensch als Gewohnheitstier muss verstehen warum eine Veränderung angestrebt wird. Dies klappt am besten dann, wenn man die Konsequenzen visualisiert, die auf ein festhalten an “bewährten” Strukturen folgen können.
Doch was ist, wenn es scheint, als hätten die Kollegen mit ihren Einwänden (im Moment noch) Recht? Wenn bestimmte technische Lösungen von der (aktuellen) Kernzielgruppe (noch) nicht gefragt werden? Ist man gut beraten, wenn man davon ausgeht, dass dieser Zustand auch weitere 10, 15 oder 40 Jahre anhält?
In der jüngeren Geschichte gelten insbesondere Unternehmen als erfolgreich, welche entweder Teil der „new economy“ sind oder ihre Organisation als auch ihr Geschäftsmodell an die neuen Anforderungen angepasst haben.
Was passiert eigentlich mit den eigenen Kunden? Woher weiß ich, ob sich die eigene Kundenstruktur verändert?
Fragen mit denen sich nahezu jedes Unternehmen auseinandersetzen muss. Im schlimmsten Fall erwartet der Unternehmer, dass sich die Kunden an das Unternehmen anpassen. Das dies zum Scheitern verurteilt ist, belegen zahlreiche Beispiele.
Steve Ballmer, seinerzeit CEO bei Microsoft, hat z.B. in einem Interview 2007 kurz vor der Einführung des iPhones keinesfalls an den wirtschaftlichen Erfolg und den wirklichen Mehrwert des iPhone geglaubt. (https://www.youtube.com/watch?v=eywi0h_Y5_U&t=5s)
Im B2C-Bereich ist bereits eine starke Veränderung des Kundenverhaltens, auf Grund von digitalen Einkaufserlebnissen stark bemerkbar. Entsprechend setzen bspw. Händler immer mehr auf E-Commerce oder bauen verschiedene digitale Services rund um Ihre Produkte, die einen Mehrwert für die Kunden generieren.
Im B2B-Bereich hingegen liegt der Fokus immer noch stark auf dem People Business. Häufig bestehen Kundenbeziehungen schon jahrelang und Einkäufer und Vertriebler kennen sich. Doch was passiert, wenn es plötzlich einen neuen Mitarbeiter im Einkauf gibt, der es gewohnt ist sich online über Marktplätze selbst zu informieren? Wenn der Außendienstmitarbeiter plötzliche Schwierigkeiten hat, seinen Terminplan zu füllen? Schon das einführen neuer interne Richtlinien im Einkauf kann zum Verlust des klassischen Kundenzugangs führen.
Es muss nicht immer eine digitale Lösung für neue Anforderungen der Kunden geben.
Wie es geht, zeigt zum Beispiel Mercedes mit seiner A-Klasse. Der kleine Kompaktwagen mit Schwächen im Elchtest war ursprünglich für viele das Sinnbild eines Produktes, welches auf eine ältere Zielgruppe zugeschnitten schien. Zeitgleich musste das Model Aufgrund der Produktpalette auch als Einsteigerfahrzeug für neue bzw. junge Mercedes Kunden betrachtet werden.
Inzwischen erinnert bei der aktuellen A-Klasse wirklich nichts mehr an die Vorgängermodelle. Das Design ist deutlich sportlicher geworden und spricht so auch ein junges Kundenklientel an. Die Zielgruppe hat sich geändert und mit Ihr die Kundenbedürfnisse und deren Erwartungen.
Doch wann ist der Zeitpunkt gekommen sich aktiv auf Veränderungen einzustellen?
Den perfekten Zeitpunkt für bestimmte Projekte oder den Start für die Digitalisierung in eigenen Unternehmen gibt es leider nicht. Viel wichtiger ist hierbei, dass man einen gewissen Mut zur Veränderung mitbringt und ins Handeln kommt. Sei es, dass man sich Gedanken über neue Geschäftsmodelle macht, mit denen man Synergien mit dem aktuellen Modell hebt, in den Austausch mit anderen Unternehmern kommt oder auch mit externen Beratern ins Gespräch geht, um sich so kontinuierlich mit Digitalisierungsthemen auseinandersetzt.
Die Gewinner der Digitalisierung sind die Unternehmen, die über Ihre Zukunftsprojekte sprechen und sich nicht abschotten.
Hat man bereits den Mut gefasst und schon bestimmte Projekte angeschoben, kann es passieren, dass man den Überblick über die verschiedenen Projekte verliert und hier ist es wichtig eine gewisse Struktur zu schaffen, damit der Fokus auf den richtigen, wichtigen Ansätzen liegt. Mut zur Veränderung und ins Handeln kommen bedeutet jedoch nicht in Aktionismus zu verfallen und Dinge zu überstürzen.
Was ist wichtig bei den Veränderungen, die durch Digitalisierung angeschoben werden?
Ein enorm wichtiger Baustein zu einer erfolgreichen Veränderung im Sinne der Digitalisierung im Unternehmen ist Kommunikation (Change Management – Den digitalen Wandel erfolgreich gestalten).
Zunächst gilt es die eigene Organisation mit in den Change Prozess einzubeziehen. So können auch häufig Potenziale von Mitarbeitern erkannt und entwickelt werden. Stammkunden und Key-Account-Manager sollten ebenfalls mit einbezogen werden, damit sich so offen an den Kundenbedürfnissen orientiert werden kann. Schafft man hier eine gewisse Transparenz, wird gleichzeitig auch das Vertrauen der eigenen Belegschaft und des Kundenstamms aufgebaut.
Zusätzlich sollte auch die externe Kommunikation in Form eines Branchendialogs oder mit externen Experten vorangetrieben werden. Entsprechend kann man von verschiedenen Learnings der jeweiligen Partnern lernen und diese Erfahrungsberichte mit in die eigene Strategie einbauen. Klingt einfacher gelesen als getan?
- Vom 3. September 2019