Multichannel, Cross Channel, Omnichannel – Welche Herausforderungen gibt es?
In den letzten Jahren sind durch das Internet, gerade in Form von E-Commerce und auch durch Smart Phones, die verschiedenen Begrifflichkeiten Multichannel, Cross Channel und auch Omnichannel in aller Munde, vor allem wenn es um den Handel geht. Im Kern beschreiben die verschiedenen Begriffe nichts anderes als die Verbindung bzw. Nutzung mehrerer Vertriebswege.
Single Channel
Beim klassischen Single Channel-Ansatz gibt es nur einen zentralen, meist physischen Verkaufsort, an dem Produkte an die Kunden verkauft werden.
Multichannel
Multichannel-Handel ist der wohl bekannteste Begriff für den Handel über mehrere Vertriebswege.
Die Begrifflichkeit steht für einen Vertriebsansatz, wo die unterschiedlichen Kanäle nebeneinander existieren. Das Unternehmen verkauft seine Waren beispielsweise über lokale Ladengeschäfte und über einen Onlineshop. Hier sind jedoch diese beiden Vertriebswege nicht miteinander verknüpft, d.h. die verwendeten Kanäle interagieren nicht miteinander. Ein Kunde, der beispielsweise ein Produkt in einem lokalen Geschäft findet, hat keine Möglichkeit den Einkaufsprozess online über den Webshop abzuschließen.
Multichannel beschreibt also ein unabhängiges Mehrkanal-Konzept, welches in die Jahre gekommen ist.
Cross Channel
Cross Channel-Handel ist die erste Weiterentwicklung des Multichannel-Ansatzes. Wie auch beim Multichannel-Handel verfügt das Unternehmen über unterschiedliche Vertriebswege. Der Unterschied liegt jedoch darin, dass diese Kanäle miteinander verknüpft werden. Der Kunde kann sich online informieren und offline einkaufen oder umgekehrt. Mit Angeboten wie “Click and Collect“, kann der Kunde beispielsweise seine Onlinebestellung in einer Filiale abholen. Die Integration der verschiedenen Kanäle setzt vor allem eine zentrale Datenbasis der Produkte, Kundendaten sowie Fulfillment-Prozesse voraus.
Damit der Cross Channel-Ansatz funktioniert gilt es die entsprechenden Geschäftsprozesse kanalübergreifend aufeinander abzustimmen. Vor dieser Herausforderung stehen heute viele Handelsunternehmen.
Omnichannel
Grundlegend unterscheidet sich der Omnichannel-Ansatz kaum von dem des Cross Channels. Auch hier werden die unterschiedlichen Vertriebskanäle miteinander verknüpft und ineinander integriert. Der Kunde kann kanalübergreifend einkaufen, ohne dass Daten oder bisherige Informationen untergehen. Einheitliche Daten sowie angepasste Prozesse ermöglichen dies. Omnichannel setzt den Fokus, im Vergleich zu Multichannel und Cross Channel, auf die Konsumentensicht. Das Ziel ist, dass der Kunde eine lückenlose, kanalübergreifenede Customer Experience (mehr zum Thema Kundenerlebnis: Mehr Kunden, mehr Umsatz: Kundenbindung erhöhen) erlebt ohne sich zwischen den unterschiedlichen Kanälen aktiv zu entscheiden. Vielmehr kann der Kunde alle Kanäle simultan nutzen. Soziale Netzwerke, wie Facebook oder Instagram, werden in die Customer Journey eingebunden.
Neben diesen drei verschiedenen Ansätzen sind vor allem durch Smartphones in den letzten Jahren noch zwei weitere Begrifflichkeiten im Umlauf, die nicht wirklich einen neuen Ansatz verfolgen.
Noline Commerce
Noline Commerce bezieht sich auf die Verschmelzung von Online und Offline. Der Kunde „merkt“ während des Kaufprozesses nicht mehr, ob er in einem lokalen Geschäft oder online einkauft. Der Fokus liegt hier auf der Nutzung mobiler Endgeräte, die es ermöglichen von überall zu shoppen.
Everywhere Commerce
Im Kern bedeutet Everywhere Commerce einfach die Möglichkeit von überall zu jederzeit einzukaufen. Dies wird durch mobile Endgeräte und mobiles Internet erreicht. Letztlich beschreibt Everywhere Commerce somit die mittlerweile Grenzenlosigkeit des Handels.
Kann Mehrkanal-Handel funktionieren?
Um diese Frage zu beantworten, lohnt sich ein Blick auf zwei der größten Handelsunternehmen der westlichen Welt – Walmart und Amazon.
Während Amazon den Onlinehandel dominiert, ist Walmart im Offline-Bereich deutlich weiter voraus. Beide Unternehmen drängen mit immer neuen Services und Diensten in den ursprünglichen Markt des jeweils anderen ein und versuchen so Marktanteile für sich zu beanspruchen.
Amazon beispielsweise ist dabei eigene Ladengeschäfte (Amazon Go Stores) zu eröffnen und somit weitere Anlaufstellen für eine größere Kundenbindung zu schaffen. Die Stores sind gleichzeitig eine super Anlaufstelle für “Click and Collect” (Online-Bestellung, die in einem stationären Geschäft abgeholt werden kann).
Für den Aufbau einer Logistik investieren sowohl Amazon als auch Walmart stark in die eigene Supply-Chain, um Kunden so den bestmöglichen Service zu ermöglichen z.B. in Form von One-Day-Delivery.
Welche Herausforderungen und welche Erfolgsfaktoren gibt es?
Grundsätzlich sollte jedes Unternehmen individuell bewerten, ob eine Omnichannel-Strategie sinnvoll und auch machbar ist. Werden sowohl Sinnhaftigkeit als auch Machbarkeit mit “Ja” beantwortet sollte man zunächst den Reifegrad des eigenen Unternehmens bestimmen. Eine Omnichannel-Strategie ohne funktionierenden Onlinehandel oder die benötigte Infrastruktur in Form von Logistikmöglichkeiten oder Big Data-Analysen ist zwar ein ehrenwertes Ziel, jedoch nicht zielführend.
Zusätzlich sollte das Unternehmen über die entsprechenden Ressourcen verfügen, so dass auch alle Kanäle im Sinne der Kundenzufriedenheit bedient werden können.
Sind diese Voraussetzungen gegeben, gibt es eine Reihe an Herausforderungen und Erfolgsfaktoren, die für eine erfolgreiche Strategie wegweisend sind.
1. People & Culture
Durch Zusammenführung von verschiedenen Abteilungen und der Aufbau von cross-functional Teams schafft man den nötigen Austausch zwischen Marketing, IT und Operations. Dies erfordert eine klare Kommunikation der Omnichannel-Strategie sowie die Definition messbaren KPIs.
Die sich hieraus ergebenden Herausforderungen sind u.a. Change-Management-Themen sowie neue Anforderungsprofile an die Mitarbeiter.
Zusätzlich ergibt sich so eine größerer Abstimmungsaufwand innerhalb der Organisation.
2. IT & Programmierung
Aufbau von digitaler Kompetenz, die für eine unterstützende IT-Infrastruktur sorgt. Durch “Trial-and-Error“ können so schnell neue Services entwickelt werden sowie Big Data-Analysen für entsprechende Auswertungen zur Hilfe gezogen werden.
Die Prognose für neue Technologien, die auch von Kunden akzeptiert werden, ist nicht einfach. Der Zugang zu Kundendaten muss im rechtlichen Einklang stehen.
3. Logistik & Supply Chain
Die Supply Chain muss an die Anforderungen der Omnichannel-Strategie angepasst werden. So dass Echtzeitlagerbestände und dezentrales Retourenmamanagment möglich werden.
Der Aufbau der Logistik und die technische Unterstützung für die neue Supply Chain sind extrem komplex und können sehr kostenintensiv werden, vor allem beim Ausbau neuer Lagerstätten o.ä.
4. Channel & Sortiment
Verschiedene Produktgruppen erfordern andere Kanäle, auch Kunden haben für verschiedene Sortimente durchaus andere Kanalpräferenzen. Hier muss eine ständige Analyse der eigenen Kanäle und der Kanäle von Wettbewerbern erfolgen.
Die Kanäle verschmelzen miteinander, somit kommt es zu möglichen Kannibalisierung der unterschiedlichen Kanäle.
Fazit
Der Aufbau bzw. die Verschmelzung der unterschiedlichen Vertriebskanäle ist je nach Reifegrad des Unternehmens eine gute Möglichkeit eine bessere Customer Experience sowie für größere Umsätze zu sorgen. Hier sollte man allerdings nicht “Step by Step” die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Mehrkanal-Strategie schaffen. Zunächst müssen die Kanäle mit Blick auf Multichannel für sich selber funktionieren, bevor ich den nächsten Schritt in Richtung Verschmelzung, also Crosschannel oder Omnichannel gehen kann.
- Vom 11. September 2019