Die Zukunft mit Künstlicher Intelligenz
„Wir neigen dazu, die Auswirkungen einer Technologie auf kurze Sicht zu überschätzen und auf lange Sicht zu unterschätzen.“
Amaras Gesetz, übersetzt aus dem Englischen
Dieses Zitat stammt vom Zukunftsforscher und Wissenschaftler Roy Charles Amara und beschreibt ein Phänomen im sog. Hype-Zyklus, also der Wahrnehmungsentwicklung von neuen Technologien. Revolutionäre Technologien gehen häufig mit Schlagzeilen der Superlative einher und versprechen die Lösung aller Probleme der Menschheit. Häufig werden diese anfänglichen Erwartungen jedoch enttäuscht, da die Technologien noch nicht ausgereift sind und Fehler aufweisen und man geht auch auf lange Sicht davon aus, dass die Technologie weiter enttäuschen wird.
Ein Beispiel ist die Entwicklung des globalen Satellitennavigationssystem GPS. Dieses wurde in den 70er Jahren begonnen zu entwickeln, um Raketen zu steuern, doch stand in den 80ern größtenteils still und wurde beinahe eingestampft. Heutzutage ist ein Leben ohne GPS kaum noch vorstellbar, denn die Technologie wird in allen Bereichen unseres Alltags direkt oder indirekt genutzt.
Technologische Revolution oder düstere Szenarien?
Der Trend der Künstlichen Intelligenz (KI) durchläuft vermutlich mehr als einen Hype-Zyklus, denn der Begriff wurde schon in den 1950ern geprägt und gehyped. Heute erlebt KI ein Revival, denn der Technologische Fortschritt erlaubt neue Methoden der Datenauswertung. Das erzeugt zunächst großen Enthusiasmus, denn mal wieder öffnen sich unzählige Lösungsmöglichkeiten für die Probleme dieser Welt. Dann die Ernüchterung: Der Wetterbericht lag mal wieder falsch und ich stehe im Regen… Der Chatbot meines Internetanbieters versteht mein Problem nicht… Und eine KI-Maschine wie den Terminator gibt es gar nicht?! Scheinbar doch alles nicht so revolutionär, oder?
Naja, Amaras Gesetz greift auch hier sicherlich. Vor dem Hintergrund der Konzepte der „Starken KI“ und „Schwachen KI“ sollte man sich bewusst machen, wo wir gerade mit der Technologischen Entwicklung stehen. Die meisten Firmen haben erst Ende der 00er Jahre begonnen im großen Stil Daten zu sammeln. Smartphones gibt es gerade einmal 15 Jahre. Der Rechenleistungsfortschritt und die Menge an produzierten Daten wachsen nach wie vor exponentiell und Machine Learning Algorithmen haben vor allem im letzten Jahrzehnt besondere Aufmerksamkeit bekommen. Heute bietet der Markt eine breite Auswahl an KI-Lösungen aus dem Bereich der „Schwachen KI“.
Mit dem Fortschritt von KI und anderen Technologien gehen auch immer Ängste einher. So hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers in einer aktuellen Studie herausgefunden, dass ca. 30 % aller Befragten weltweit fürchten, durch Technologie ersetzt zu werden. Wir wagen einen Blick in die Zukunft und versuchen die möglichen Entwicklungsszenarien genauer zu durchleuchten, und was diese für die Arbeitswelt und Gesellschaft bedeuten.
Kurzfristige Entwicklung
Der Markt bietet bereits eine gewisse Palette an Software im Bereich der Schwachen KI, jeweils spezialisiert auf einzelne Anwendungen. Die großen Tech-Firmen integrieren bereits verschiedene ML-Services zu umfassenden sog. Kognitiven Systemen.
Kurzfristig kann man davon ausgehen, dass weitere spezialisierte Algorithmen in verschiedenen Themenbereichen entwickelt werden und KI somit mehr und mehr in weitere Wirtschafts- und Alltagsbereiche aufgenommen werden wird und diese einzelnen Tätigkeiten vereinfachen und ausführen wird. Dabei befinden wir uns auf Anwenderseite immer noch in einer explorativen Phase, in der die Möglichkeiten und Qualität von KI-Lösungen zunächst experimentell angewendet und erkundet werden. Das führt zu einem stetig anwachsenden Level an Erfahrungen und Expertise der Anwender im Bereich KI, sowie zum Aufbau von Vertrauen.
Wie in vorherigen Blogbeiträgen bereits erläutert, begegnen uns bereits sehr viele KI-Technologien in unserem Alltag. Technologien z. B. zu autonom-fahrenden Autos und LKWs sind bereits sehr weit fortgeschritten und teilweise marktreif. Jedoch fehlt in vielen Ländern noch der rechtliche Rahmen zum Einsatz solcher Fahrzeuge, sowie das Vertrauen der Anwender. In der vermeintlichen Überschätzung des Hypes wird es auch viel Kritik und Skepsis gegenüber KI-Technologien geben, denn die ursprünglichen Erwartungen werden (noch) nicht erfüllt.
Mittelfristige Entwicklung
Im Laufe der nächsten 1-2 Jahrzehnte ist davon auszugehen, dass KI-Technologien sich mehr und mehr mit anderen Trends und Technologien kombinieren. Internet of Things, Big Data, Nachhaltige Wirtschaft, Blockchain und Quantum-Computing: All diese Bereiche werden voneinander profitieren und neue Möglichkeiten schaffen.
Im Alltag werden weitere Roboter uns helfen, das Haus zu reinigen und z. B. Solarenergie „smart“ zu nutzen, z. B. zu besonders sonnigen Zeiten Waschmaschine und co. zu steuern und zu regulieren. Autos und öffentlicher Nahverkehr werden zunehmend autonom agieren.
In der Wirtschaft werden vor allem repetitive Tätigkeiten durch KI-Technologien ausgeführt werden. Fachkräfte bekommen dadurch neue Zeit und Möglichkeiten, ihren Arbeitsplatz umzugestalten und kreativ-innovativ tätig zu werden. Dies wird auch einen Wandel im Organisations- und Personalwesen mit sich ziehen.
In all den Neuerungen, der Automatisierung, der neuen Macht und Verantwortung von Maschinen wird es aber auch – wie bei nahezu jedem Trend – Gegenbewegungen geben. Diese werden aus verschiedenen Richtungen und Motivationen heraus entstehen, sei es aus datenschutzrechtlichen und ethischen Gesichtspunkten, Misstrauen durch Macht- und Kontrollverlust, oder durch den vermeintlichen Verlust zum Realitätsbezug. Diskussionen und Gegenbewegungen werden unseren Umgang mit KI weiter beeinflussen, gesetzliche wie ethische Rahmen schaffen und die Gesellschaft prägen.
Langfristige Entwicklung
Diese Entwicklung ist natürlich am schwierigsten vorherzusagen. Sicher ist, dass sich das Verständnis von KI und dem, was wir als „intelligent“ wahrnehmen, weiter wandeln wird. Einen Smart-Assistant, wie wir Alexa, Siri und Co heute kennen, wird in 50 Jahren niemand mehr als „smart“ betiteln, genauso wie heute niemand mehr einen Taschenrechner für revolutionär hält. Vielleicht reden wir auch gar nicht mehr von KI, sondern haben längst neue Begriffe für Technologien aus diesem Bereich entwickelt.
Es ist davon auszugehen, dass KI-Algorithmen in allen Lebensbereichen zu unseren täglichen Begleitern gehören werden. Sie werden viele unserer heutigen Aufgaben im Job übernehmen, dafür aber auch ganz neue Berufsgruppen etablieren. KI-Forensiker, Interaktions-Designer und Robotroniker könnten neue Berufsbezeichnungen sein.
Und das Thema „Starke KI“? Werden Maschinen in Zukunft nicht mehr von Menschen zu unterscheiden sein, oder sogar „übermenschlich“ intelligent sein? Werden Maschinen uns vorschreiben, was zu tun ist, anstatt anders herum? In der Forschung spricht man auch von der „Technologischen Singularität“, also der Zeitpunkt, in dem die KI die menschliche Intelligenz übertrifft und sich fortwährend selbst verbessert. Ob oder wann solch ein Zustand erreicht wird, ist zurzeit völlig ungewiss und wird sehr kontrovers diskutiert.
Fazit: KI – Blühende Zukunft?
Sicher ist, dass KI den wirtschaftlichen als auch privaten Alltag weiter prägen und beeinflussen wird. Neben mehr Komfort, Automatisierung und Effizienzsteigerung wird KI auch das gesellschaftliche Leben umwälzen. Kommunikation wird sich verändern, Organisationsstrukturen neu gestaltet werden und Arbeitsplätze verschoben. All das ermöglicht ein Neudenken unseres Alltags, unserer Arbeitsweise und wie wir mit Technologien interagieren. Dass KI zu höherer Arbeitslosigkeit führen könnte, ist jedoch zu bezweifeln. Schon bei der Entwicklung des Computers wurde vorhergesagt, dass massiv Arbeitsplätze einbrechen würden, doch stellt sich heraus, dass jede Technologie auch neue Arbeitsfelder mit sich bringt.
Und was bedeutet das konkret für die Wirtschaft und Unternehmen? An KI-Technologien führt zukünftig kein Weg vorbei. Wer Wettbewerbsfähig bleiben möchte, muss sich neue Technologien zunutze machen, bevor die anderen es tun. Das bedeutet auch, stets ein Auge auf technologischen Fortschritt zu haben, mit neuen Methoden zu experimentieren und für sich zu adaptieren. Die Rahmenbedingungen und Veränderungen, die damit einhergehen, müssen noch geformt und sorgfältig gelenkt werden. So können wir alle die Zukunft von KI mitbestimmen und gestalten.
- Vom 15. Juni 2022