Autovermietung mal anders – ein (Digital-) Erlebnisbericht
Als Digitalberater haben wir natürlich besonders einen Blick fürs “Digitale” und achten besonders auf digitale Prozess-Excellence, digitale Geschäftsmodelle & Co. Dabei sammelt man viele tolle Impulse und Ideen, aber auch nicht zu 100 % geglückte Digitalisierungsansätze fallen einem oft sehr schnell in Auge.
Jetzt erfüllen wir nicht das klassische Beraterklischee, in dem wir übermäßig viel reisen, aber dennoch erfordert dieser Beruf einige Reiseaktivitäten und diese Reisen sind zunehmend mit digitalen “Raffinessen” gespickt. Über eine dieser Überraschungen wollen wir gerne einmal im Kontext der Digitalisierung berichten.
Als jahrelanger und eigentlich treuer Sixt-Kunde (es lohnt sich einfach, wenn man bei einem Unternehmen bleibt) nahm die Kundenzufriedenheit leider stetig ab. Die Gründe dafür sind mannigfaltig und reichen von der Auswahl der Fahrzeuge und deren Zustand bis zu Problemen bei der Abrechnung. So haben wir uns entschieden der bekannten grünen Autovermietung eine Chance zu geben… nichtsahnend, dass sich die erste kurze Reise (in grün) zu einem digitalen Kundenerlebnis der etwas anderen Art entwickelt.
Wie alles begann…
Alles begann mit dem Status Match. Bei häufigen Reise schätzt man einen besonderen Service sehr schnell, vor allem, wenn es mal schnell gehen muss. Keiner von uns definiert sich über den jeweiligen persönlichen Status, aber wenn es angeboten wird, nutzt man es gerne. Natürlich geht es auch ohne schnelle Bearbeitung am Schalter, da wir aber bereits über einen Status bei Sixt verfügen, haben wir uns mit unserem Anliegen an den Kundenservice gewandt. Leider konnte uns da nicht geholfen werden, denn man hat gar nicht verstanden was wir wollten. Selbst nach diversen E-Mails mit einer Ansprechpartnerin in Frankreich, mittlerweile auch nicht mehr in deutscher Sprache, was für den typischen deutschen Kunden vermutlich nicht selbstverständlich ist, konnte man unsere Anfrage nicht beantworten. Erst nachdem wir nach längerer Zeit zufällig auf eine Landingpage des Unternehmens zu diesem Thema gestolpert sind, konnte der Statusmatch problemlos durchführt werden.
Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Machbar ist es also. Schade ist nur, dass die Mitarbeiter nicht im Bilde sind. Die in der Digitalisierung so wichtige Customer Excellence, hinsichtlich Kundenbindung und Kundenzugang in einer plattformgetriebenen Welt, war für uns leider nicht wahrnehmbar. Nun gut… Status Match done!
Planänderung? Besser nicht!
Vor der ersten Miete sollte, aufgrund einer Flugverschiebung, die Miete um 2h verlängert werden, was technisch leider nicht möglich war. Unabhängig von der fehlenden Übersicht und mangelnder Usability, war es technisch einfach nicht machbar, die Miete zu verlängern. Die Website lief immer wieder in Timeouts, bis wir es irgendwann aufgaben. Flexibilität weit gefehlt.
Ganz oder gar nicht…
Angekommen am Flughafen Stuttgart sollte das Fahrzeug abholt werden. Dabei wurde erstmal mit einem “digitalen Touchpoint” von Europcar Bekanntschaft gemacht, was unter dem Strich sehr kurios war. Vor dem Europcar-Schalter stand ein Terminal, welches man zwingend benutzen sollte und dessen Sinn und Zweck bis heute nicht verstanden wurde. Obwohl vier Service Agents frei waren, sollte dieses Terminal unbedingt genutzt werden. Also gaben wir dort die Anrede und den Nachnamen ein, woraufhin wir ein Stück Papier mit einer Nummer erhielten und damit zu einem der vier freien Service Agents gehen durften.
Selbst wenn deutlich mehr los gewesen wäre als an diesem Nachmittag, wäre eine einfache Schlange, an der man sich anstellt, und eine direkte Bearbeitung am Schalter doch deutlich einfacher gewesen. Vielleicht hat man hier einfach zu viel gewollt? Zumal wir dann sehr freundlich bedient wurden. Neben typischen Sales-Methoden zum Verkauf von Mehrleistungen, die zwar nicht schön, aber im Vergleich zu anderen Anbietern sehr human waren, wurden uns schließlich Schlüssel und Mietvertrag ausgegeben.
The show must go on…
Bei der Rückgabe gab es dann die nächste Überraschung. Das Fahrzeug wurde vollgetankt abgeben, was bei der Rückgabe am Flughafen auf Nachfrage auch noch einmal bestätigt wurde. Wenige Minuten später erhielten wir per E-Mail das Rückgabeprotokoll. Kundenansprache und Personalisierung waren hier quasi nicht vorhanden. Keine Ansprache, kein Impressum, keine Kontaktmöglichkeit für Rückfragen o. ä.. Dazu noch ein seltsamer Absender:
Die dazugehörige PDF-Datei ist ebenfalls an vielen Stellen fragwürdig. Eine Mischung aus Deutsch und Englisch und inkl. Kraftstoff & Service, obwohl das Fahrzeug vollgetankt abgegeben wurde.
Da weder im PDF noch in der E-Mail Kontaktdaten enthalten waren, konnten wir darauf nicht direkt reagieren. Also wurde die Rechnung abgewartet. Diese kam erstaunlicherweise per Post. Darauf war dann zwar eine Rufnummer zu finden, welche aber nur bis 17 Uhr erreichbar war. Die allgemeine Hotline ist 24h erreichbar, alle Anliegen nach der Anmietung werden hingegen nur zwischen 8 und 17 Uhr bearbeitet. Auch hier fehlt es leider an der so wichtigen digitalen Customer Excellence.
Last but not least…
Bei der Suche nach Kontaktmöglichkeiten auf der Website wurde direkt der Chat angeboten. Wir sind ja digital-affin und haben kurzerhand schnell den Chat genutzt und das Problem geschildert. Der Agent stellte sich als „Franz“ vor und entweder „Franz“ ist einer der weniger kompetenten Agents mit wenig Empathie oder aber (und das halten wir für wahrscheinlicher) „Franz“ war ein Bot, der sich nicht als solcher ausgibt. „Franz“ konnte natürlich nicht weiterhelfen, verwies permanent an die Hotline und hat den Chat dann relativ abrupt beendet.
Wir mussten uns also per E-Mail an den allgemeinen Kontakt wenden und haben etwa 36h auf eine Antwort gewartet. Das Anliegen wurde dann gelöst.
Schade, denn als frisch akquirierter Neukunde (zu vermutlich relativ hohen Kosten) werden wir doch wieder zu schwarz/orange zurückkehren. In diesem Sinne: Bye bye – moving your way!
Ein paar Worte zum Schluss…
Natürlich habe wir dieses Digital-Erlebnis und ein entsprechendes Feedback direkt an die Autovermietung gerichtet. Prozess-Excellence, Customer Excellence, Kundenzugang und Kundenbindung in einer plattformgetriebenen Welt sind nur wenige erforderliche Fähigkeiten in der Digitalisierung bzw. der digitalen Welt. Die Digitalisierung verändert alles – das macht es so wichtig und gleichzeitig so kompliziert eine Digital Excellence zu erreichen.
- Vom 13. August 2019